Plastik ist ein echtes Wundermaterial: Es ist leicht, günstig und einfach herzustellen. Nahezu jedes Produkt besteht in irgendeiner Weise aus Plastik – ob Kleidung, der Computer, Möbel oder das Flugzeug. Das Material ebnete den Weg in die moderne Konsumgesellschaft und doch bringt es viele Schattenseiten mit sich.
Kunststoffe haben sich entgegen der ursprünglichen Intention, als langlebiges hochwertiges Material vermarktet zu werden, zu einem günstigen Wegwerfprodukt entwickelt. Seit der Entwicklung im Jahr 1907 wurden insgesamt ca. 8,3 Milliarden Tonnen Kunststoffe produziert und davon alleine über 368 Millionen Tonnen im Jahr 2019.
Mit einer Recyclingquote von 52% gehört die Schweiz zwar zu den Spitzenreitern in Europa, jedoch wird weiterhin zu wenig recycelt. Zudem ist die Quote wenig aussagekräftig, denn ein Teil des Mülls wird exportiert und verbrannt, gilt jedoch als recycelt. Die toxischen Giftstoffe, welche durch das Verbrennen freigesetzt werden, stellen ein Problem für Mensch und Umwelt dar. Weiterhin belasten Kunststoffe die Ozeane, insgesamt bestehen drei Viertel des Mülls aus Plastik. Dabei handelt es sich um ein ständig wachsendes Problem, welches jährlich zehntausenden Tieren das Leben kostet.
Auch fossilen Ressourcen, welche für die Herstellung von Kunststoffen benötigt wird, werden immer knapper. Da unbekannt ist, wie viel Erdöl sich unter der Erde befindet können derzeit keine exakte Prognosen, wann die Rohstoffe zur Neige gehen, getroffen werden. Experten gehen jedoch davon aus, dass bis zum Jahr 2050 der Rohstoff ausgehen könnte. Spätestens dann muss eine Alternative zu fossilbasierten Kunststoffen geschaffen werden.
Die nachhaltigste Alternative zu Plastik wäre natürlich, darauf zu verzichten, doch dies ist einfacher gesagt als getan. In vielen Bereichen wird das Material aufgrund seiner Eigenschaften benötigt.
Gerade Elektrogeräte profitieren von den Vorzügen von Kunststoffen und können sogar helfen Ressourcen einzusparen. Viele Elektrogeräte sind mit innovativen Kunststoffen ausgestattet, welche Energie speichern und dafür sorgen, dass weniger Strom verbraucht wird. Die Fähigkeit, elektrischen Strom zu isolieren und Belastungen zu widerstehen, machen Kunststoffe zum idealen Material, um eine sichere und effiziente Stromversorgung zu schaffen.
Zudem werden die Gefahren, welche mit Strom einhergehen gemindert. Insbesondere als Brandschutz können aufschäumende Kunststoffe einiges leisten und werden immer häufiger in Fahrzeugen oder Gerätegehäuse als Schutzfunktion eingesetzt.
Kaffeesatz kann mehr als nur ein Abfallprodukt vom Kaffee am Morgen sein. In einem Experiment gelang es einem Hannover Forscherteam Bioverbundstoffe mit Kaffeesatz herzustellen. Den erdölbasierten Polymeren konnte Kaffeesatz mit einem Anteil von 40 Prozent zugesetzt werden. Testweise konnte der Verbundwerkstoff zur Produktion von Computermäusen eingesetzt werden.
Forscher arbeiten bereits seit einiger Zeit an einem alternativen Werkstoff. In diesem Kontext fällt häufig der Begriff „Biokunststoff“. Doch Biokunststoffe führen häufig zu Missverständnissen. Das dabei verwendete „Bio“ kann nicht mit Bio-Standards für Lebensmittel verglichen werden. Die Nutzpflanzen kommen üblicherweise nicht aus streng kontrolliertem und zertifiziertem Anbau. Die benötigten Rohstoffe werden meist auf Monokulturen angebaut und mit Pestiziden und Dünger behandelt, welche schädlich für das Grundwasser und den Boden sind. Vorwiegend handelt es sich bei den Rohstoffen um Zuckerrohr, Mais oder Kartoffeln. Viele Rohstoffe für biobasierte Kunststoffe stehen damit in Konkurrenz zur Herstellung von Nahrung und sorgen damit für ein ethisches Dilemma. Weitere Rohstoffquellen werden also benötigt.
Sogenannte Drop-In-Lösungen können bereits jetzt konventionelle Kunststoffe auf industriellem Niveau ersetzen. Dafür wird in bestehenden Verfahren zur Herstellung von Kunststoffen der Rohstoff Erdöl durch nachwachsende Rohstoffe ersetzt. Eigenschaften und chemischer Aufbau sind nahezu identisch zu ihren erdölbasierten Pendants, weshalb sie für langlebigere Produkte ideal sind. Sie schonen fossile Ressourcen, weisen jedoch ebenso eine schlechte biologische Abbaubarkeit auf. Nur wenige biobasierte Kunststoffe können sich zersetzen und selbst wenn, werden dafür spezielle industrielle Kompostieranlagen benötigt, da der Zersetzungsprozess wesentlich länger dauert als bei herkömmlichen Kompost. Weiterhin benötigen die meisten biobasierten Kunststoffe, je nach Anwendungszweck, zusätzliche Additive, welche Recycling oder den Zersetzungsprozess erheblich erschweren.
Einer der wichtigsten Ansätze im Umgang mit Kunststoffen ist, diese dem Recyclingkreislauf zuzuführen und als Rezyklat für neue Produkte zu verwenden. Aktuell sind diese noch teurer als neues Plastik und bieten kaum einen Mehrwert für Hersteller. 2017 untersuchte das Institut cyclos-HTP, wie recyclingfähig Kunststoff-Abfälle sind. Demnach ist ein Drittel überhaupt nicht recyclingfähig. Die anderen zwei Drittel werden nur zu etwa 40 Prozent zu Rezyklat weiterverarbeitet. Der Grossteil der Abfälle wird nicht wiederverwendet, sondern der thermischen Verwertung zugeführt. Die Probleme für die niedrige Recyclingquote liegen einerseits am Mangel an Recyclinganlagen, als auch am fehlenden wirtschaftlichen und politischen Druck.
In Zukunft wird ein Zuwachs der Nachfrage an biobasierten Kunststoffen erwartet. Bislang kann man jedoch noch nicht von einem ökologischen Vorteil sprechen. Sie schonen zwar fossile Ressourcen, doch bringen sie andere Probleme mit sich. Weitere innovative Alternativen sind in Entwicklung, so können Kunststoffe aus Pilzsporen, Algen, Disteln, Milch oder aus Holz hergestellt werden. An einem Mangel von innovativen Ansätzen kann also nicht gesprochen werden. Ob die Materialien industriell in grossen Massstab hergestellt werden können, ist jedoch fraglich.
Plastik ist zwar ein Material, welches viele Vorteile mit sich bringt, doch schlussendlich werden dadurch auch viele Probleme verursacht. Es reicht nicht nur Plastik zu vermeiden, vielmehr wird ein geeignetes System benötigt, welches den Umgang von Anfang bis Ende regelt.